Landgericht




Q: Stadtarchiv BS H XVI: H II 17/L (F 2). Aus: Vögel, Der Fall Erna Wazinski, S.8.

Langedammstrasse in Trümmern

Am Montag, den 16. Oktober geht Erna Wazinski mit ihrem Freund Günther W., einem jungen Soldaten auf Fronturlaub, zurück in die Langedammstrasse, um aus den Trümmern Sachen zu retten. Günther W. erinnert sich im Jahre 1990:

"...an besagtem Tag erschien Erna bei mir...und bat mich um Hilfe bei der Bergung ihres Eigentums. Unter Mitnahme von Schaufel und Spitzhacke begaben wir uns vom Mittelweg zur Langedammstrasse... An Ort und Stelle mussten wir noch Schutt wegräumen, um an die Öffnung zu gelangen, bzw. um diese freizulegen. Bei dem Raum, aus dem Erna Sachen bergen wollte, handelte es sich nicht um einen eigentlichen Keller. Eher war es eine Art Schacht von vielleicht 1,5 m Tiefe. Nachdem ich mit längerem Zeitaufwand den Zugang zu dem "Keller" mit der Spitzhacke freigelegt hatte, kletterte Erna nach unten... Erna brachte aus dem genannten Raum einen größeren Koffer, einen kleineren Koffer und einen Rucksack mit. Sie sagte sinngemäß: `Das ist mein Koffer (wobei sie den kleineren Koffer meinte) und mein Rucksack; das ist wohl der Koffer meiner Mutter`(womit sie den größeren Koffer meinte). Letzteren hatte sie in eine Wolldecke gewickelt. Außerdem hatte sie einige lose Teile in der Hand. Hinsichtlich dieser Teile sagte sie sinngemäß: `Die habe ich im Schutt gefunden, die könnten meiner Mutter gehören.`In meiner Gegenwart hat Erna die Koffer nicht geöffnet..."

Unter den Ausgebombten in der Langedammstrasse ist auch Ernas Nachbarin F., die einige Sachen aus ihrem geretteten Koffer als gestohlen meldet und daraufhin am 18.10.1944 "Anzeige gegen Unbekannt" bei der Polizei erstattet. Als Verdächtige gibt sie hierbei Erna Wazinski an, auf die sie generell nicht "gut zu sprechen" zu sein scheint.

Wie sich herausstellen soll, gehören dieser Nachbarin tatsächlich Teile der von Erna geborgenen Gegenstände und nicht ihrer Mutter.