Q: Leokadia Cholewinska. Aus: Liedke, Gesichter, S.166
Eltern vor dem Entbindungsheim

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Entbindungsheim

"Entbindungsheim für Ostarbeiterinnen"

Die Zustände im Heim

Das Entbindungsheim bestand aus zwei Baracken. Insgesamt gab es nur drei Räume: für die Wöchnerinnen, die Neugeborenen und die älteren Kinder. Dieser Umstand machte es unmöglich, kranke Frauen oder Kinder von den gesunden zu trennen, was die Zahl der Erkrankungen stetig steigen ließ. Es gab keine Bettwäsche, die vorhandenen Decken waren verlaust und mit Exkrementen verschmutzt.

Die Verwaltung der Einrichtung übernahm zunächst die AOK, ab Mitte 1944 die von der IHK gegründete Gesellschaft "Gemeinschaftslager der Braunschweiger Industrie". Der DAF-Obmann Mauersberg und der NSDAP-Kreisleiter Heilig waren für das Heim und die dort herrschenden Zustände verantwortlich. Das Personal des Heimes bildeten ungeschulte "Ostarbeiterinnen", die allgemeine ärtzliche Aufsicht führte ein ukrainischer Arzt. Über die Rolle der verantwortlichen Gesundheitsbehörden ist wenig bekannt; man wusste dort jedoch um die Zustände im Entbindungsheim.

Ende 1944 zwang man die ausländischen Frauen, auch außerhalb des Heimes geborene Kinder dorthin zu bringen. Daher lebten zeitweise auch einige ältere Kinder in der Anstalt. Die Mütter durften ihre Kinder von da an nur zweimal in der Woche besuchen. Die hygienischen Zustände in den Baracken des Heimes waren nach Berichten von damals Verantwortlichen und Zeitzeuginnen unbeschreiblich. Der NSDAP-Kreisleiter Heilig trug im November 1944 durch die Beschränkung der Lebensmittelzuteilungen zu einer weiteren Verschlechterung der Situation im Heim bei. Die katastrophalen sanitären Bedingungen, Unterernährung und Vernachlässigung ließen das Entbindungsheim zu einem Sterbeheim werden:

"Es wurden dort sehr viele Kinder ermordet. Ich habe Leichen gesehen. Als meine Schwester tot war, bin ich heimlich in den Waschraum geschlichen. Da lagen massenhaft tote Kinder. Wenn kein Platz mehr da war, haben sie sie weggebracht. Ermordet, weggebracht, ermordet, weggebracht." (Erinnerung einer Zeitzeugin, in: PANORAMA, 6.5.1999)

Die Körper der verstorbenen Säuglinge wurden in 10kg-Margarine-Kartons verwahrt, im Waschraum gestapelt und gelagert, bis sie nach einigen Tagen fortgebracht wurden. Die polnischen Kinder wurden auf den Friedhof an der Hochstraße gebracht und dort achtlos begraben, die sowjetischen Säuglinge im Krematorium verbrannt.