Die kleine Tafel am Volksfreundhaus erinnert an die Geschichte des Gebäudes und deren Opfer

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Q: Niedersächsisches Staatsarchiv Wolfenbüttel 42 B Neu Fb. 7 Nr. 1286. Aus: Bein, Zeitzeichen, S. 46.

 

 

Das Volksfreundhaus - Folterstätte der SS

Nachdem die Organisationsstruktur der SPD zerschlagen war, wollte der Braunschweigische Ministerpräsident Klagges "seinem Führer Hitler" die ersten rein nationalsozialistischen Parlamente melden. Dazu gehörte, dass Sozialdemokraten und Kommunisten ihre Mandate aufgeben mussten, was in Braunschweig als sog. "Mandatsverzichtswelle" bekannt geworden ist. Diese war am 29. April 1933 beendet. Die NSDAP inszenierte die Eröffnung des ersten "rein nationalsozialistischen Landtages" mit einem Festakt im Dom, einem Marsch durch die Stadt und einer feierlichen Plenarsitzung im Landtag. Die Mandatsträger verzichteten nicht freiwillig, sondern wurden von SA-und SS-Schergen unter Drohungen, Misshandlungen und Folter dazu gezwungen.

Einige von ihnen, so auch Dr. Heinrich Jasper und Otto Thielemann, wurden im Volksfreundhaus gefoltert. Stellvertretend für sie soll das Schicksal von Ernst Böhme geschildert werden.

Die Qualen, unter denen die Opfer zu leiden hatten, werden später verglichen mit "Folter wie im Mittelalter".

Neben den Landtagsabgeordneten wurden auch die Stadtverordneten bedroht, misshandelt und ermordet. Zu den Opfern gehörten Matthias Theisen, dessen Schicksal stellvertretend geschildert werden soll, Hermann Basse, Rudolf Löhr, und Wilhelm Neddermeier.

Gleichzeitig mit der sog. "Mandatsverzichtswelle" fuhren Braunschweiger SS- Kommandos, unter der Leitung des Sturmführers Karl Meyer, in die umliegenden Ortschaften.
In sog. "Überholaktionen" wurden sozialdemokratische Funktionäre brutal geschlagen und gequält.
Das Bild zeigt Opfer der "Überholaktion" 1933 in Langelsheim

Neben politischen Gegnern, wie Otto Rose, wurden auch jüdische Bürger im Volksfreundhaus gefoltert und ermordet. Unter den Opfern ist Benno Ehlers zu nennen. Die Judenverfolgung wurde in Braunschweig von Anfang an besonders grausam geführt.

Quellen:
Bein, Reinhard: Zeitzeichen -Stadt und Land Braunschweig 1930 - 1945. Braunschweig 2000.
Bein, Reinhard: Im deutschen Land marschieren wir. Materialien zur nationalsozialistischen Herrschaft im Land Braunschweig 1930 - 1945. 2. Aufl. Braunschweig 1982.
Bein, Reinhard: Juden in Braunschweig 1900 - 1945. Materialien zur Landesgeschichte. 2., geänderte. Aufl. Braunschweig 1988.
Berger, Peter: Gegen ein braunes Braunschweig. Skizzen zum Widerstand 1925 - 1945. Hannover 1980.
Gehrke, Robert: Aus Braunschweigs dunkelsten Tagen. Der Rieseberger Massenmord. Hannover 1961.
Jarck, Horst - Rüdiger/ Scheel, Günter (1996): Braunschweigisches Biographisches Lexikon 19. und 20. Jahrhundert. Hannover 1996.
Oehl, Anton: Der Massenmord in Rieseberg 1933. 1.Aufl. Braunschweig 1981.
Reinowski, Johann: Hakenkreuz- Terror in Braunschweig. Aus dem ersten Quartal der Hitlerherrschaf. Zürich 1933.
Roloff, Ernst August: Bürgertum und Nationalsozialismus 1930 - 33. Braunschweigs Weg ins Dritte Reich. Reprint der Ausgabe Hannover 1961, Braunschweig 1961.
Roloff, Ernst August: Erinnern - Trauern - Verdrängen? Gedanken über Gedenken und Denkmäler in Braunschweig. 2., leicht erg. Aufl. Braunschweig 1998.
Rother, Manfred: Die Sozialdemokratie im Land Braunschweig 1918 - 1933. Bonn 1990.
Vögel, Bernhild: ...und in Braunschweig? Materialien und Tips zur Stadterkundung 1930 - 1945. Braunschweig 1994.