Q: Aus: Hirsch, Lehrer machen Geschichte, Bild Nr.1
Einweihung des Forschungsinstituts für Erziehungswissenschaften.
1. Reihe v.l.n.r.:
Oberbürgermeister Boehme, Kultusminister Sievers, Reichsinnenminister Severing, Institutsdirektor Riekel, Reichstagsabgeordneter Grotewohl.

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Forschungsinstitut für Erziehungwissenschaften

Das am 2. Febuar 1930 eröffnete Institut war als Stiftung nicht direkt an die Technische Hochschule angeschlossen, aber doch mit der 1927 neu eingerichteten erziehungswissenschaftlichen Abteilung der TH eng verbunden. Geleitet wurde das Institut von Dr. August Riekel, Ordentlicher Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Abteilung für Kulturwissenschaften der TH. Riekel vertrat reformerische Ideen für eine Demokratisierung der Bildung; so befürwortete er die Koedukation und setzte sich für eine Enttraditionalisierung und Entkonfessionalsierung der Bildungseinrichtungen ein.

Forschungsschwerpunkte des Instituts bildeten unter Riekels Leitung das Schulwesen anderer Länder sowie pädagogische Theorien. Eine Abteilung des Instituts war für den Bereich "Schulbücher, Monographien und Statistiken" zuständig und betreute die Bibliothek und das Archiv. Bald wurde die Existenz des jungen Instituts durch finanzielle Schwierigkeiten bedroht. Riekels Forschungen waren ambitioniert und gesellschaftskritisch. In einigen Feldern war er Vorreiter der späteren Ansätze des Braunschweiger "Georg-Eckert-Instituts für Schulbuchforschung".

Mitte September 1930 übernahm ein Nationalsozialist, Dr. Anton Franzen, das Innen- und Volksbildungsministerium im Freistaat Braunschweig. Nur ein halbes Jahr später, nach scharfen Presseangriffen gegen das von einem, so die damalige Sicht, militanten Sozialisten geleitete Institut, beschloss das braunschweigische Staatsministerium, Riekel zum 15. April 1931 von seinen amtlichen Verpflichtungen zu entbinden.

Der Entlassung des Pädagogikprofessors Riekel folgte kurz darauf die Posse der versuchten Berufung Hitlers auf eine pädagogische Professur an der TH Braunschweig. Hitler benötigte für die geplante Kandidatur zur Reichspräsidentenwahl 1932 die deutsche Staatsbürgerschaft, die er durch die Ernennung zum deutschen Beamten erhalten konnte. Der damalige nationalsozialistische Innen- und Volksbildungsminister und spätere Ministerpräsident des Landes Braunschweig, Dietrich Klagges, setzte sich daher vehement für die Vergabe einer Professur in Braunschweig an Hitler ein (Hitlers Einbürgerung).

Quellen:
Hirsch
, Helmut: Lehrer machen Geschichte. Das Institut für Erziehungswissenschaften und das Internationale Schulbuchinstitut. Ein Beitrag zur Kontinuitätsforschung. Ratingen/Wuppertal/Kastellaun 1971, bes. S. 13-52.